1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT 1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT # #
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Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse
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Sozialistisches Milieu
Aufstieg NSDAP
Terrorphase 1933/34
Widerstand/Emigration
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Gebäude der DAF-Kreisverwaltung an der heutigen Gathe
Gebäude der DAF-Kreisverwaltung an der heutigen Gathe
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Wirkerstraße: Im Februar 1933 wurde ein Aufmarsch der SA von Oppositionellen angegriffen. Bei einem Feuergefecht mit der Polizei kamen drei Menschen ums Leben.
Wirkerstraße: Im Februar 1933 wurde ein Aufmarsch der SA von Oppositionellen angegriffen. Bei einem Feuergefecht mit der Polizei kamen drei Menschen ums Leben.
 
ERSTER WIDERSTAND UND EMIGRATION
 

Trotz des brutalen Terrors des NS-Regimes fanden sich bereits 1933/34 immer wieder Personen, die die entstandenen Lücken schlossen und im Widerstand mitarbeiteten. Dabei verfolgten die großen Arbeiterparteien gänzlich unterschiedliche Strategien.

Für die Mehrheit der einfachen Parteimitglieder von KPD und SPD und große Teile der Milieubasis war es nach den Gewalterlebnissen das wichtigste Anliegen, das eigene Überleben und das der Familie durch Anpassung an das NS-Regime zu sichern. Dabei reichte es meist aus, gelegentlich dem Regime die Loyalität zu bekunden und sich in einer der als relativ unverfänglich geltenden Massenorganisationen wie der Deutschen Arbeitsfront (DAF) oder der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) zu organisieren. Nur eine Minderheit beteiligte sich am Widerstand.

Der KPD gelang es nach der Überwindung eines anfänglichen Schockzustands zügig, die Parteistrukturen in der Illegalität wieder aufzubauen.
In Verbindung mit auswärtigen „Instrukteuren“ der Parteileitung konnte der Unterbezirk Wuppertal bereits im Herbst 1933 reorganisiert werden. „Die Wuppertaler Organisation klappt wieder gut“, heißt es dazu in einem Bericht der illegalen Bezirksleitung Niederrhein von November 1933. Dabei war die Partei bemüht, Strukturen einer legalen Massenpartei in die Illegalität hinüberzuretten. Insbesondere die zunächst aufrechterhaltene monatliche Beitragskassierung gegen Markenausgabe erwies sich für die Mitglieder als risikoreiches Verfahren, das Ansatzpunkte für die Verfolgungsbehörden lieferte. Die Anzahl der Beiträge zahlenden KPD-Mitglieder in Wuppertal stieg bis August 1934 auf 423 Personen an. Der Unterbezirk Velbert erreichte im Oktober 1934 mit 103 zahlenden Mitgliedern den Höchststand.

Neben der Aufrechterhaltung der eigenen Organisation versuchte die KPD durch nach außen gerichtete Agitation immer wieder zu beweisen, dass der NS-Terror die deutschen Kommunisten nicht mundtot machen konnte und die KPD im Untergrund weiterlebte. Ein dezentral organisierter Technikapparat stellte die Versorgung mit illegaler Literatur und Presseerzeugnissen sicher. In Flugblättern und Zeitungen wurden aktuelle Ereignisse, wie die „Volksabstimmung“ von November 1933 oder der so genannte Röhm-Putsch im Juli 1934, als Anknüpfungspunkte für Aufrufe zum Kampf gegen die Hitler-Regierung genutzt. Die Schriften wurden an Interessierte verkauft und dann von Hand zu Hand weitergegeben.

Die SPD war als staatstragende Partei der Weimarer Republik in ihrer Breite nicht auf die Arbeit in der Illegalität vorbereitet. Mangels neuerer Konzepte hielt sich die Partei nach dem Betätigungsverbot von Juni 1933 instinktiv an die Erfahrungen aus der Zeit des Sozialistengesetzes.

Auf der Grundlage eines über Generationen hinweg eingeübten, familienzentrierten Zusammenhalts des Milieukerns fand sich in der Phase bis 1935 eine erstaunliche Vielfalt von Nischen. Sozialistische Vereine und Gruppen versuchten, geschlossen in ihren bürgerlichen Pendants unterzuschlüpfen oder sich in neu gegründeten scheinbar unpolitischen Vereinen zu sammeln, was in Wuppertal zunächst teilweise auch gelang.

Die Barmer Reichsbannerkapelle schloss sich dem bürgerlichen Quartettverein „Glocke“ an und konnte so in unveränderter Besetzung bis 1935 Konzerte innerhalb des Milieus veranstalten. Unter anderem beteiligte sich die Kapelle an demonstrationsähnlichen Empfängen von im Frühjahr 1934 aus den Moorlagern zurückkehrenden Schutzhäftlingen.
Offenbar gelang es ebenfalls im Frühjahr 1934, die Strukturen der Fachschaft „Artistik und Kleinkunstbühnen“ der DAF zu nutzen, um bei wöchentlichen Kleinkunstabenden mehrere Hundert ehemalige Sozialdemokraten zu versammeln und so das Zusammengehörigkeitsgefühl wach zu halten. Die Veranstaltungen wurden Ende März 1934 verboten und der Fachschaftsvorsitzende seines Amtes enthoben.

Neben solchen „Tarnvereinen“ gab es informelle Verbindungen von Mitgliedern der sozialdemokratischen Gesinnungsgemeinschaft, die sich auf jahrelange, oft jahrzehntelange Beziehungen stützen konnten. Kleine Gruppen trafen sich regelmäßig in Privatwohnungen, Gartensiedlungen oder Gaststätten, um den Kontakt untereinander aufrechtzuerhalten und mit Gleichgesinnten in einem als Bedrohung empfundenen Staat ohne Angst Meinungen austauschen zu können und sich bereitzuhalten für die Zeit nach Hitler. Soweit ohne größeres Risiko greifbar, lasen sie auch illegale Schriften und hörten ausländische Radiosender, ohne dass nach außen gerichtete Agitation betrieben wurde. Diese Vorgehensweise erschwerte dem NS-Verfolgungsapparat ein Eindringen in diese Kleingruppen. So blieb das Verfahren gegen fünf Wuppertaler Sozialdemokraten, die versucht hatten, Schriften aus Holland einzuführen, das einzige Hochverratsverfahren mit dem Vorwurf „Wiederaufbau der SPD in Wuppertal“.

Menschen aus beiden parteipolitischen Lagern der Arbeiterbewegung verließen unter dem Eindruck der Gewalt bereits in den ersten Monaten des NS-Regimes Wuppertal und gingen ins Exil. Ziele waren dabei das noch unter Völkerbundverwaltung stehende Saarland, aber auch die Nachbarländer Deutschlands wie zum Beispiel Belgien, die Niederlande und Frankreich.

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