1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT 1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT # #
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Paul Bender: Streik 1948
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Treffen mit Max Reimann (vorne: 5. v. links)
Treffen mit Max Reimann (vorne: 5. v. links)
 
NACHKRIEGSZEIT
 

Unmittelbar nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in Wuppertal am 16. April 1945 bildete sich ein „Aktionsausschuss der antifaschistischen Einheitsbewegung“, dem die Sozialdemokraten und ehemaligen Gewerkschaftsfunktionäre Franz Landowski und Heinrich Lütsch sowie die Kommunisten Max Dahlhaus und Willy Spicher angehörten und der kurze Zeit später um Vertreter des „antifaschistischen Bürgertums“ erweitert wurde. Der Aktionsausschuss kümmerte sich in den ersten Wochen der Besatzung unter anderem um die Inhaftierung führender Nationalsozialisten und die Sicherstellung der Lebensmittelvorräte.

Am 29. Mai 1945 wandte sich der Aktionsausschuss mit einer Denkschrift an die alliierte Militärregierung, um Einfluss auf deren Politik zu nehmen. Der Aktionsausschuss legitimierte sein Handeln mit Bezug auf den Widerstand. Trotz des „bestialischen Terrors“ hätten 1934 die „Freigewerkschaftlichen Wuppertals“ versucht, ihre verbotenen Organisationen auf illegaler Basis weiterzuführen und dabei „beachtliche Erfolge“ erzielt. Durch „unmenschliche Misshandlungen“ sei es der Gestapo gelungen, die Bewegung zu zerschlagen. Die Verurteilung von 627 Menschen, von denen 13 in der Untersuchungshaft an „den fürchterlichen Misshandlungen“ gestorben seien, hätten in der „Weltöffentlichkeit ungeheures Aufsehen“ erreicht.

Der Aktionsausschuss verdanke seine Existenz der Erfahrung der verfolgten Nazi-Gegner, die in den Konzentrationslagern und Zuchthäusern „zu der Einsicht gekommen“, „dass nur der gemeinsame Kampf aller Antifaschisten der Nazityrannei“ ein Ende setzen könne.

Die Denkschrift schloss mit der Feststellung: „Dem größten Teil des deutschen Volkes kann mit Recht der Vorwurf gemacht werden, dass es durch seine Duldung für alle Verbrechen der Nationalsozialisten mit verantwortlich ist.“

Diese Tatsache wurde mit zunehmender Dauer des Kalten Kriegs genauso schnell vergessen wie die Einheit der Arbeiterparteien zerbrach. In den ersten Nachkriegsjahren arbeiteten KPD und SPD im Stadtrat und in den Gewerkschaften noch eng zusammen. Bei der Gründungsversammlung des Ortsausschusses des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds wählten die Wuppertaler Arbeiterinnen und Arbeiter am 16. September 1945 den Sozialdemokraten und späteren Oberbürgermeister Robert Daum (SPD) zum 1. Vorsitzenden und den Kommunisten Paul Bender (KPD) zum 2. Vorsitzenden.

Bender, der eine herausragende Rolle im Widerstand gespielt hatte und
Stadtverordneter der KPD war, wurde 1952 als Sekretär der IG Chemie vom Hauptvorstand entlassen. Nachdem sich die Wuppertaler Ortsgruppe (welche Ortsgruppe, des Aktionsausschusses?) der Entlassung widersetzt hatte, löste der Hauptvorstand der IG Chemie sogar die gesamte Ortsgruppe auf. Anfang 1953 beschäftigten die Wuppertaler Gewerkschaften noch sechs KPD-Mitglieder, darunter drei kommunistische Funktionäre.

Sieht man von der spektakulären Absetzung Benders ab, war die Ausgrenzung von Kommunisten in Wuppertal vermutlich nicht so stark wie in anderen Städten Deutschlands, denn auch in der Stadtverwaltung behielten ehemals führende kommunistische Funktionäre ihre Posten. Dies war vielleicht zu einem Teil auf die gemeinsame Leidenserfahrung von Sozialdemokraten und Kommunisten während des Nationalsozialismus zurückzuführen, die trotz aller politischen Feindschaft noch nachwirkten. Aber diese Leidenserfahrung war angesichts des Kalten Kriegs nicht stark genug, um einen positiven Bezug zum Widerstand herzustellen, in dem Kommunisten und Sozialdemokraten, wenn auch nur vereinzelt, zusammen gekämpft hatten.


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