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Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse
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Sozialistisches Milieu
Aufstieg NSDAP
Terrorphase 1933/34
Widerstand/Emigration
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Joseph Goebbels (vorne links) und Viktor Lutze (vorne rechts) am Parteitag in Weimar 1926 Joseph Goebbels (vorne links) und Viktor Lutze (vorne rechts) am Parteitag in Weimar 1926
 
DER AUFSTIEG DER NSDAP
 

Der Aufstieg der NSDAP zur führenden Wuppertaler Partei begann Anfang der 1920er Jahre, als Elberfeld bereits eine Hochburg der völkischen Bewegung und der westdeutsche Schwerpunkt der rechtsterroristischen Organisation Consul (OC) war.

Die OC versuchte, durch Mordanschläge auf Repräsentanten der Republik die Demokratie zu erschüttern. Für den 1922 gescheiterten Mordversuch an dem SPD-Politiker Philipp Scheidemann waren Aktivisten aus Elberfeld verantwortlich.

Die Stadt war seit 1925 auch das organisatorische Zentrum der NSDAP in Westdeutschland. Der NS-Großgau Ruhr mit Sitz in Elberfeld war Ausgangspunkt der Karriere der prominenten Nazi-Funktionäre Joseph Goebbels, später Reichspropagandaminister, Viktor Lutze, später Stabschef der SA, Erich Koch, später Gauleiter von Ostpreußen und Reichskommissar für die Ukraine, sowie Karl Kaufmann, später Gauleiter und Reichsstatthalter von Hamburg.

Während die NSDAP in den 1920er Jahren mit Wahlergebnissen von unter drei Prozent zunächst das Dasein einer Splitterpartei führte, gelang ihr bei den Reichstagswahlen im September 1930 mit über 23 Prozent auch in Wuppertal ein erdrutschartiger Wahlsieg. Die neuen Wähler, welche die NSDAP zur stärksten Partei in Wuppertal werden ließen, kamen vor allem aus dem protestantischen Kleinbürgertum. Die prekäre wirtschaftliche Lage nach der Weltwirtschaftskrise 1929 ließ bei vielen die Angst vor sozialem Abstieg wachsen. Immer mehr Wuppertalerinnen und Wuppertaler sahen in der gewaltbereiten, zu allem entschlossenen NS-Bewegung die letzte Möglichkeit, den von ihnen befürchteten Sieg des Bolschewismus in Deutschland zu verhindern. Bei den Reichspräsidentenwahlen im April 1932 stimmte die Mehrheit der Wähler in Wuppertal für Adolf Hitler. Ende 1932 war die Stadt nach Breslau und vor Hannover die großstädtische Hochburg der NSDAP.

Parallel zu den Wahlerfolgen stieg die Zahl der Parteimitglieder sowie der Angehörigen der paramilitärischen Kampforganisationen SA und SS rasant an. Die Mitgliederzahl der NSDAP, die Mitte 1929 noch bei 480 gelegen hatte, erreichte im März 1932 die Größenordnung von 5.500 Personen. Zum gleichen Zeitpunkt hatte die SA nach Angaben der Polizei in Wuppertal knapp 1.700 Mitglieder, die SS 200.

Durch die Wahlerfolge und den Mitgliederzulauf ermutigt begann die NSDAP 1930/31 einen latenten Bürgerkrieg, der sich in erster Linie gegen Angehörige des sozialistischen Milieus richtete. Dabei nahmen Sturmlokale und SA-Heime die Rolle von Ausgangsbasen der SA-Gewalt ein.
Das größte SA-Heim in Wuppertal bestand von 1931 bis Mitte 1932 in einem leer stehenden Fabrikgebäude in der Unterbarmer Kniestraße, an der Grenze zu einem Arbeiterquartier und in unmittelbarer Nähe des Wuppertaler Gewerkschaftshauses und der Parteizentrale der KPD. Schon unmittelbar nach dem Bezug des Gebäudes berichtete der Düsseldorfer Regierungspräsident über die von dort ausgehenden Gewalttätigkeiten. Passanten wurden gezwungen mit „Heil Hitler“ zu grüßen, und wahllos misshandelt.

Ähnlich sah die Praxis in anderen Wuppertaler Stadtteilen aus. Die Sturmlokale und -heime befanden sich meist in (klein-)bürgerlichen Quartieren, von denen aus gezielt politisch Andersdenkende angegriffen und Vorstöße in die angrenzenden Arbeiterviertel unternommen wurden. Ein besonderes Angriffsziel der SA stellten die Institutionen und Treffpunkte des sozialistischen Milieus dar.

Dieses systematische Vorgehen mit dem Ziel, die Vorherrschaft der SA auf der Straße durchzusetzen zeigte auch in der „roten Hochburg“ Wuppertal Wirkung. Selbst ein Arbeiterviertel wie der Barmer Sedansberg war besonders nachts für Antifaschisten ein gefährliches Pflaster. Die Wirtschaftsbetriebe der Arbeiterbewegung litten unter Verleumdungskampagnen und Vandalismus, was die Wirkungen der Wirtschaftskrise verstärkte. So sank die Auflage der sozialdemokratischen Tageszeitung „Freie Presse“ um ein Drittel, die Konsumgenossenschaft „Vorwärts-Befreiung“ musste erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen und litt gleichzeitig unter dem Abfluss von Spargeldern aus der genossenschaftseigenen Bank.

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